Harxheimer Adressenliste von 1906
Die Adressenliste für Harxheim von 1906 kann hier abgerufen werden. Dies ist ein interessantes zeitgeschichtliches Dokument – nicht nur für die alteingesessenen Harxheimer, deren Familiennamen schon damals in der Liste standen.
Im Landes-Adressbuch für das Großherzogtum Hessen von 1906, 2. Band: Provinz Rheinhessen erscheinen auf den Seiten 252 – 253 140 Einträge mit den damaligen Einwohnern von Harxheim. Neben Name, Vorname und einer Hausnummer werden auch der Beruf und – sofern es sich um eine verwitwete Anwohnerin handelte – der Familienstand genannt. Die meisten Einträge betreffen Männer. Frauen werden vermutlich nur dann aufgeführt, wenn zu dem betreffenden Haushalt kein Mann gehörte (s. z. B. Barbara, Katharina und Sabine Lambinet). Viele Familiennamen, insbesondere die mehrmals in der Liste auf Grund mehrerer Familienstämme erscheinenden Namen, sind auch heute noch in Harxheim vertreten.
Die am Ende der Einträge erscheinenden Nummern, offensichtlich die Hausnummern, entsprechen nicht den heutigen Adressen mit Angabe von Straßenname und Hausnummer. Offensichtlich wurden die Häuser damals mit 1 beginnend durchnummeriert, ohne dass hierbei nach Straßen unterschieden wurde. Unter der Nummer 1 wohnte damals die Witwe des Landwirts Johann Georg Happel III., unter der höchsten erscheinenden Nummer 119 wohnte der Landwirt Heinrich Brehm.
Überleitung der früheren Adressnummern auf heutige Adressen
Nun wäre es interessant zu wissen, nach welchem System die Nummerierung damals erfolgt ist und wie die heutige Adresse einer in der Adressliste erscheinenden Nummer lauten würde. Hier hilft ein erhaltener Ortsbauplan von 1897 weiter, in dem die Namen der damaligen Eigentümer in die Parzellen eingetragen sind:
Harxheimer Ortsbauplan von 1897
Bildquelle: Irmgard Kaiser-Vreke
Einschränkend ist zu sagen, dass die Adressliste neun Jahre später als der Ortsbauplan erschien und entsprechend zwischenzeitlich Veränderungen der Eigentumsverhältnisse eingetreten sein können. Überdies sind nicht alle Parzellen mit Namen versehen. Dennoch lässt sich mit Hilfe des Planes sowie ergänzender Informationen von alteingesessenen Harxheimern das System der damaligen Nummerierung gut erkennen. In den meisten Fällen ist es auch möglich, die damalige Adressnummer einer heutigen Adresse zuzuordnen.
Die damalige Nummer 1 ist die heutige Obergasse 1. Die höchste Nummer 119 ist heute die Mainzer Straße 4 (rechts gegenüber dem Röhrbrunnen). Nummer 1 und Nummer 119 liegen sich also fast gegenüber. Die Nummerierung verlief somit offensichtlich in einer großen Runde durch Harxheim. Von der Nummer 1 ging sie gegen den Uhrzeigersinn durch die heutige Obergasse bis zur Untergasse. In der Untergasse liefen die Nummern zunächst weiter bis zum westlichen Ortsausgang (heute Weingut Schenk) und dann wieder zurück durch die Untergasse bis zum Platz an der Waage. Von dort ging es über die Enggasse zum südlichen Ortausgang in der Gaustraße gegenüber der evangelischen Kirche. Die Nummern verliefen dann wieder in nördliche Richtung durch die Gaustraße – unter vorheriger Berücksichtigung der damaligen wenigen Häuser in der Bahnhofstraße – bis zur heutigen Kreuzung von Gaustraße, Obergasse und Mainzer Straße. Der weitere Nummernverlauf beginnt am nördlichen Ortsausgang (heute Mainzer Straße) unterhalb der früheren Schule und zieht sich durch die heutige Mainzer Straße bis an deren Endpunkt an der früheren Rindssteig.
Auf dieser Basis können den damaligen Adresseinträgen die heutigen Adressen weitgehend gemäß folgender Liste zugeordnet werden:
Welche Berufe hatten die Harxheimer 1906?
Neben den damaligen Adressnummern sind auch die Angaben zu den Berufen interessant. Natürlich gab es damals viel mehr Landwirte in Harxheim. Sie dürften auch Wein produziert haben, waren jedoch üblicherweise landwirtschaftliche Mischbetriebe. So gab es nur einen Winzer in der Adressliste. Gewerbetreibende, die Produkte und Dienstleistungen vor Ort anboten, waren deutlich zahlreicher als heute vertreten.
Unter den 140 in der Adressliste angegebenen Personen sind 48 Landwirte, 24 Taglöhner und 13 Privatiers bzw. Privatinnen. Darüber hinaus gab es in Harxheim damals drei Bäcker, sechs Bahnarbeiter (damals hatte Harxheim auch einen Bahnhof), einen Barbier, einen Feldschütz, zwei Fuhrmänner, drei (Gast)Wirte, einen Gemeindeeinnehmer, einen Händler, eine Kleinkinderlehrerin und zwei Lehrer (ein evangelischer und ein katholischer), einen Kurzwarenkrämer, zwei Mäkler, vier Maurer, fünf Metzger, einen Postboten, einen Schmied, drei Schneider, einen Schreiner, drei Schumacher, einen Straßenwärter, einen Viehhändler, einen Wagner, vier Weinhändler (3x Lotz und 1x Herdt) und einen Winzer (Philipp III. Deiß). Weiterhin erscheinen ein Agent, ein Bahnagent und ein Beigeordneter sowie natürlich der Bürgermeister, damals Philipp Heinrich Frieß, und der (evangelische) Pfarrer, damals Hermann Weigold.
Quellenangaben:
Landes-Adreßbuch für das Großherzogtum Hessen. II. Band: Provinz Rheinhessen. Darmstadt. 1906. https://www.dilibri.de/rlb/content/pageview/1365858, entnommen am 21.12.2021
Bei der Zuordnung der alten Hausnummern zu den heutigen Adressen kamen viele hilfreiche Hinweise von Klaus-Werner Fritzsch.