von | Mai 8, 2023

Das Kriegerdenkmal – Gedenksäule zur Erinnerung an den Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71

Basierend auf Recherchen von Franz Götz

An der Nordseite der evangelischen Kirche steht heute das Kriegerdenkmal zur Erinnerung an die Teilnehmer am Feldzug im Deutsch-Französischen Krieg in 1870/71. Das Denkmal wurde am 2. Mai 1875 an der Ecke der Gaustraße/Pfarrgasse (heute Bahnhofstraße) auf dem Dalles gegenüber dem damaligen evangelischen Pfarrgarten feierlich aufgestellt. Hier wurde zugleich auch eine Friedenslinde gepflanzt. In einem Lagepolan von 1896 ist das Denkmal nicht mehr auf dem Dalles eingezeichnet. Insofern kann davon ausgegangen werden, dass es an einem heute nicht mehr bekannten Zeitpunkt zwischen 1875 und 1896 abgebaut und an seinen heutigen Standort versetzt wurde.

In einem Schreiben vom 22. Februar 1875 meldet der damalige Bürgermeister Frieß an das Großherzogliche Bauamt Mainz, dass bis Ende April 1875 in Harxheim „ein Denkmal für die im Felde gestandenen Krieger der Gemeinde Harxheim errichtet werden soll“, so wie zeitgleich in vielen rheinhessischen Gemeinden schon geschehen. Ein exakter Entwurf des in Sandstein zu gestaltenden Denkmals lag zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. 1)

Zur Finanzierung hatten die Feldzugteilnehmer einen Verein gegründet, in den jedes Mitglied eine Einlage zu machen und einen Monatsbeitrag von neun [wahrscheinlich in Gulden, Währungsumstellung in Mark ab 1875] zu entrichten hatte. Mit der Ausführung der Steinmetzarbeiten wurde der Steinhauer Huber aus Oppenheim beauftragt. Ebenso wurden die Beschriftungen der einzelnen Seiten und die Verzierungen festgelegt. Die Einweihung fand am Sonntag, den 2. Mai 1875 statt. Schon vor seiner Errichtung sorgte das Denkmal allerdings für erhebliche Unruhe in Harxheim. 1)

Skizze für das Kriegerdenkmal

Bildquelle: LASp_H053, Landesarchiv Speyer

Im Landesarchiv Speyer liegen hierzu der Schriftwechsel sowie Protokolle zwischen dem Beschwerdeschreiber Georg Martin Rösch III., der Ortsgemeinde Harxheim und dem Herzoglichen Kreisbauamt in Mainz vor. In einer Notiz auf einem Brief des Georg Martin Rösch vom 29. April 1875 ist zu lesen: „… der Kriegerverein beabsichtigt in Harxheim an der Stelle, von welcher die Gaustraße die Pfarrgasse [heutige Bahnhofstraße] schneidet, einen Gedenkstein aufzustellen.“ Der Beschwerdeführer bezeichnete in diesem Brief das bereits in Aufstellung befindliche Denkmal als Verkehrshindernis. In einem weiteren Schreiben vom 21. Mai wandte sich Rösch erneut an das Bauamt mit der Bitte um Versetzung des gerade neu errichteten Gedenksteins um fünf Fuß (ca. 1,5 m) in Richtung des damals noch offen liegenden Harxheimer Grabens (schräg nach Nordosten und mehr an den Rand des Platzes). Um dem „Übelstande“ Abhilfe zu schaffen, sollte eine eigens zu bestimmende Kommission eingesetzt werden, die sich der Beschwerde annehmen sollte. Der Gemeinderat lehnte diesen Antrag allerdings umgehend ab.  Bürgermeister Frieß unterstellte in der mit dem Herzoglichen Bauamt geführten Korrespondenz dem Beschwerdeführer, dass im Ort bekannt sei, dass dieser die Absicht hege, mit seinem Vorgehen den Veteranenverein zu schikanieren. Rösch dementierte dies wiederum postwendend schriftlich mit dem Hinweis, selbst einen Beitrag zum Denkmal geleistet zu haben. 1)

Das Denkmal wurde wie geplant errichtet und eingeweiht. Die über das Errichtungsdatum hinaus geführten Einwände des Georg Martin Rösch wurden vom Bauamt endgültig in einem Schreiben vom 1. Juli 1875 zurückgewiesen. 1)

Auf einem Lageplan aus dem Jahr 1896 ist das Denkmal auf dem Dalles nicht mehr eingezeichnet. Irgendwann in den folgenden zwei Jahrzehnten nach seiner Errichtung müssen die Harxheimer das Denkmal somit doch als störend empfunden haben und versetzten es an seinen heutigen Standort.

Ein später Sieg für Georg Martin Rösch III.!

Lageplan über die Feststellung der Baufluchtlinien in der Bahnhofstraße zu Harxheim, 1896; Katasteramt Alzey

Bildquelle: Irmgard Kaiser-Vreke

Vermutlich erster Standort des Kriegerdenkmals auf dem „Dalles“ (Animation); Originalfoto: Willi Buchert, 1979

Bildquelle: Willi Buchert

Zum exakten ersten Standort des Kriegerdenkmals sind keine Details überliefert. Aus dem Schreiben des Georg Martin Rösch ist aber abzuleiten, dass sich das Sandsteinmonument nahe des Schnittpunktes von Gaustraße, Untergasse (früher Hintergasse) und Bahnhofstraße (früher in diesem Bereich Pfarrgasse) befunden haben muss.

Dass Georg Martin Rösch damals als direkter Anlieger sowie Eigentümer des Eckgrundstücks Gaustraße/Pfarrgasse mit einer nahegelegenen Ausfahrt in der Gaustraße in dem Denkmal ein Hindernis für sein Fuhrwerk sah, ist nachvollziehbar. Seine Aussage, dass „das Denkmal umfahren werden müsse und dies geniere“ spricht dafür, dass das Monument relativ weit in der Mitte des Dalles gestanden haben muss.

Am Tage der Einweihung des Kriegerdenkmals, dem 2. Mai 1875, wurde zugleich auch eine Friedenslinde gepflanzt, die nach dem Bericht von Pfarrer Würth 1914 als „stattlicher Baum, dessen Duft zur Blütezeit weithin erfreute“ gefällt wurde. Weiter schreibt er hierzu: „… am 19. Februar des Jahres öffentlich an den Meistbietenden versteigert und war sein Holz zum Preise von 6,30 Mark dem Feldschützen Mück [Kriegsteilnehmer 1870/71] zugefallen“. Die Friedenslinde ereilte somit als weiteres Verkehrshindernis das gleiche Schicksal wie das bereits Jahre zuvor auf das Friedhofsgelände vor die Nordseite der evangelischen Kirche versetzte Kriegerdenkmal von 1870/71.

 

Das Kriegerdenkmal von 1870/71 am heutigen Standort

Bildquelle: Willi Buchert

Beschriftung des Kriegerdenkmals von 1870/71:

Vorderseite:

Gott war mit uns
(Relief: gekreuzte Kanonen)
Ihm sei die Ehre
(Relief: Eichenkranz mit Eisernem Kreuz)

Zur Erinnerung an den Feldzug
1870-71

Rückseite:

Dieses Denkmal wurde durch
den Kriegerverein und der
Gemeinde Harxheim im Jahre
1875 errichtet

Rechte Seite: 

Linke Seite:

Die Spitze des Sandsteindenkmals ist mit einer Adlerfigur besetzt.

Anmerkung:
Die Abkürzung Eskad. steht für Eskadron, der kleinsten Einheit der Kavallerie. Eine Eskadron bestand je nach militärischem Verband und Armeezugehörigkeit aus ca.150 Pferden, 5 Offizieren und 145 Unteroffizieren und Mannschaften. 2)

Quellenangaben:

Quelle: 1) Staatsarchiv Speyer, LASp_H053_100;

Quelle: 2) Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Eskadron, entnommen am 28.11.2022

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