Harxheimer Panoramaweg

Flora an der Alten Rindssteig

Steppenkirsche, Feldulme und Robinie an der Alten Rindssteig

Am Hang an der Alten Rindssteig lohnt sich das Innehalten, denn hier wachsen gleich drei Bäume bzw. Sträucher, die für Rheinhessen eine besondere Bedeutung haben: die Steppenkirsche, die Feldulme und die Robinie.

Schild Flora an der Alten Rindssteig

Bildquelle: HVV-Harxheim

Als Spaziergänger oder Wanderer genießt man gerne die Natur, sucht Ruhe und Erholung und freut sich über die Landschaft und das schöne grüne Umfeld. Ohne besondere botanische Kenntnisse geht man jedoch meist an Pflanzen, Sträuchern und Bäumen ohne besondere Beachtung vorbei und verpasst so manche botanische Besonderheit. Der Hang an der Alten Rindssteig ist hierfür ein gutes Beispiel, denn hier sind auf engem Raum direkt drei Sträucher bzw. Bäume vertreten, die eine besondere Geschichte mit Rheinhessen verbindet: die Steppen- oder Zwergkirsche (vor den Bäumen), die Feldulme (in der Mitte der Baumreihe) und die Robinie (jeweils am oberen und unteren Ende der Baumreihe). Während die beiden ersten Arten selten und gefährdet sind, wurde die Robinie im 19. Jahrhundert gezielt wegen ihres Holzes in Rheinhessen angepflanzt. Heutzutage werden ihre Bestände jedoch auch kritisch gesehen.

Die Steppenkirsche

Die sommergrüne Steppen- oder Zwergkirsche (prunus fruticosa) ist ein kleiner, maximal 1,50 m hoher Strauch und gehört zu den Rosengewächsen. Im Gegensatz zur Schlehe, mit der sie leicht zu verwechseln ist, hat die Steppenkirche keine Dornen. Ihre verkehrt eiförmig bis elliptisch geformten Blätter sind auf der Oberseite dunkelgrün glänzend, der Blattrand ist gekerbt. Die Steppenkirsche blüht von Mitte April bis Anfang Mai und hat einen doldenförmigen Blütenstand mit kleinen weißen Blüten. Sie entwickelt erbsengroße, korallenrote bis schwarzrote Kirschen. Die Früchte sind genießbar, aber sehr säuerlich.

Blühender Bestand der Steppenkirsche an der Alten Rindssteig

Bildquelle: Birgit Korte

Die Steppenkirsche blüht von Mitte April bis Anfang Mai

Bildquelle: Birgit Korte

Das geschlossene Verbreitungsgebiet der Steppenkirche reicht von Ost-Kasachstan bis Ungarn. Nach der letzten Kaltzeit vor 10.000 bis 12.000 Jahren ist sie vermutlich weiter nach Westen vorgedrungen. Heute ist sie ein Relikt aus damaliger Zeit und kommt in Deutschland nur noch kleinräumig an wenigen Stellen in Rheinhessen ­– hier insbesondere im Landkreis Alzey-Worms ­– sowie in Thüringen und Sachsen-Anhalt vor. Dies sind nicht zufällig die niederschlagsärmsten und trockensten Gebiete in Deutschland. Der Strauch wächst in Rheinhessen typischerweise an Rechen, kleinen Böschungen zum Ausgleich von Höhenunterschieden in den Weinbergen, und entlang der Sonnenseite von Hohlwegen.

Die Steppenkirche ist als stark gefährdete Pflanze eingestuft, da ihr ohnehin nur geringer Bestand rückläufig ist. Hierfür gibt es mehrere Gründe. So ist die Zahl der Reche in Rheinhessen auf Grund der in der Vergangenheit erfolgten Flurbereinigungen zurückgegangen. Überdies wird der kleine Strauch – auch durch den Eintrag von Düngemitteln – oft von konkurrierenden Gräsern und Gehölzen überwachsen. Zudem kann es vorkommen, dass die unscheinbare Steppenkirsche bei unsachgemäßen Freischneideaktionen übersehen und abgemäht wird. Zu den wichtigen Schutzmaßnahmen zählen daher der Erhalt typischer Standorte, das sachgerechte Freischneiden sowie Informationen über die Steppenkirsche für Winzer und Landwirte.

Verbreitungsgebiet der Steppenkirsche in Deutschland

Bundesamt für Naturschutz, https://www.floraweb.de/webkarten/karte.html?taxnr=4591,
aus dem Internet entnommen am 23.7.2022

Die Feldulme

Ulmen, in Rheinhessen auch oft Effen genannt, haben für unsere Region eine besondere Bedeutung. Über Jahrhunderte haben sie als solitärstehende, große und mächtige Bäume das Ortsbild von vielen rheinhessischen Dörfern und auch das Landschaftsbild geprägt. Viele von ihnen erreichten ein hohes Alter und wurden zu Ehrfurcht erweckenden Zeitzeugen vergangener Jahrhunderte. Oft hatten sie früher auch eine Funktion und dienten z. B. als Orientierungspunkte oder Gerichtsbäume. Als wasserliebende Baumart standen sie oft an Bachläufen und sollen auch den Weg zu fränkischen Friedhöfen gewiesen haben. Viele rheinhessische Dörfer wie z. B. Bodenheim waren in früheren Jahrhunderten neben einem Wall zusätzlich mit einem Ulmenring umgeben, der den Schutz vor unerwünschten Eindringlingen verstärkte.

Leider gehört dies der Vergangenheit an und Ulmen sind heute nur noch selten in Rheinhessen zu finden. Schuld daran ist die Ulmenkrankheit, die sich nach dem 1. Weltkrieg über Europa verbreitete und über die Jahrzehnte auch die Ulmenbestände in Rheinhessen weitgehend zerstörte. Die Krankheit wird durch einen Schlauchpilz verursacht, der durch den Ulmensplintkäfer übertragen wird. Der Pilzbefall führt zu einer Verstopfung der Leitungsbahnen im Baum und die Ulme stirbt letztendlich nach mehreren Jahren an Wassermangel. Auch in Harxheim hat es einst im Garten des Anwesens Mainzer Straße 1 eine hohe Ulme gegeben, die 1980 auf Grund ihrer Erkrankung gefällt werden musste.

Stockausschläge der Feldulmen an der alten Rindssteig

Bildquelle: Birgit Korte

Anwesen Mainzer Straße 1 mit Ulme 1979

Bildquelle: Willi Buchert

Feldulmenbestand an der alten Rindsteig

Bildquelle: Birgit Korte

Bei den Ulmen an der Alten Rindssteig handelt es sich um Feldulmen (ulmus minor). Diese Ulmenart ist am meisten von der Ulmenkrankheit betroffen und steht als gefährdete Art auf der roten Liste. Die Feldulme war ursprünglich in Europa weit verbreitet und insbesondere typisch für die großen europäischen Flussauen. Ein gesunder Baum kann eine Höhe von bis zu 40 Meter erreichen. Auf Grund der Ulmenkrankheit findet man heute meist nur deutlich kleinere Exemplare, die oft aus Wurzelsprossen hervorgegangen sind. Umso erfreulicher ist der Bestand der gesunden und vergleichsweise hohen Ulmen an der Alten Rindssteig.

Die Robinie

Im Gegensatz zur Steppenkirsche und zur Feldulme ist die Robinie (robinia pseudoacacia) nicht gefährdet und steht daher auch nicht unter Schutz. Der lateinische Name weist schon darauf hin, dass sie mit ihren Fiederblättern und Stacheln der nordafrikanischen Akazie ähnelt, sodass sie auch gerne als Scheinakazie oder falsche Akazie bezeichnet wird.

Robinienblüten

Bildquelle: Pollinator, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2040096, entnommen am 25.7.2022

Blühende Robinienzweige

Bildquelle: CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=33774, entnommen am 25.7.2022

Die Robinie ist in Rheinhessen heute sehr weit verbreitet und kann nach dem Rückgang des Ulmenbestandes durch die Ulmenkrankheit inzwischen als der charakteristische Baum in Rheinhessen bezeichnet werden. Ihre Verbreitung in unserer Region wurde von Professor Johannes Neeb befördert, der in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts Bürgermeister in Nieder-Saulheim war und in der Saulheimer Gemarkung bereits 1820 das noch heute bestehende Akazienwäldchen anlegen ließ (der Name ist irreführend, es stehen dort Robinien). Das Holz der Robinie wurde in Rheinhessen insbesondere für Wingerts-Schdiggel (Weinbergs-Pfähle) benötigt.

Robinien können bis zu 25 m hoch werden und stammen aus Nordamerika. 1601 wurde erstmals eine Robinie von dem französischen Hofgärtner Jean Robin aus Samen gezogen. Danach verbreitete sie sich schnell in ganz Europa. Zunächst pflanzte man die Robinie wegen ihrer schönen weißen Blüten (Blüte von Mai bis Juni) und ihres Nektarreichtums an. Der Nektar wird von Honigbienen gesammelt und bildet die Grundlage des wohlschmeckenden Akazienhonigs. Da das Holz der Robinie sehr hart und witterungsbeständig ist und einen hohen Brennwert aufweist, wurde sie im 19. Jahrhundert auch zu einem wichtigen Holzlieferant.

Stacheln der Robinie

Bildquelle: Kenraiz – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2709307, entnommen am 25.7.2022

Zu den Vorteilen der Robinie gesellen sich jedoch auch Nachteile. Die Robinie hat die Fähigkeit, den in der Luft vorhandenen Stickstoff zu binden. Dies hat zur Folge, dass der Boden mit der Zeit nährstoffreicher wird. Hierdurch werden angestammte und ökologisch wertvolle Pflanzen verdrängt, die einen nährstoffarmen Boden benötigen. Da die Robinie eine eingewanderte und daher fremde Art ist, profitieren heimische Lebenswesen meistens nicht von ihr. Große Robinienbestände sind für den Erhalt der Artenvielfalt daher eher schädlich. Das Entfernen von Robinien ist extrem aufwändig, da nach dem Fällen verbleibende Wurzeln erneut ausschlagen. So ist es verständlich, dass aus Sicht des Naturschutzes große Robinienbestände kritisch gesehen werden.

Auch das auf einem Hügel gelegene, weithin sichtbare Lörzweiler Wäldchen zwischen Lörzweiler und Gau-Bischofsheim ist ein Robinienwäldchen. Dies war jedoch nicht immer so. Der Baumbestand wurde im und nach dem zweiten Weltkrieg weitgehend abgeholzt, da Brennholz benötigt wurde. Anstelle der abgeholzten Bäume breitete sich die Robinie aus und verdrängte andere Bäume und Sträucher. Doch nun soll das Lörzweiler Wäldchen dank kommunalpolitischer Initiative wieder zu einem Laubmischwald werden. Bereits im Winter 2021/22 wurden kleine Lichtungen in den Robinienbestand geschlagen und stattdessen unter anderem Ahornbäume, Eichen, Linden und Elsbeeren gepflanzt. Einheimisches Wild und Greifvögel finden hier einen passenden Rückzugsort und die Baumfrüchte dienen ihnen als Nahrung.

Quellenangaben:

Steppenkirsche:

https://lfu.rlp.de/fileadmin/lfu/Naturschutz/Dokumente/Artenschutzprojekte/Zwergkirsche/Situationsbericht_2018_AZ_Zwergkirsche.pdf, entnommen am 20.7.2022

https://www.floraweb.de/xsql/artenhome.xsql?suchnr=4591&, aufgerufen am 20.7.2022

 

Feldulme:

Böhres, Franz (2011): Bäume in Rheinhessen. Alzey.

https://www.derselzer.de/post/mein-freund-der-baum-ist-tot, aufgerufen am 24.7.2022

https://www.lfl.bayern.de/iab/kulturlandschaft/186982/index.php, aufgerufen am 24.7.2022

 

Robinie:

Böhres, Franz (2011): Bäume in Rheinhessen. Alzey.

https://www.wald.rlp.de/de/wald/baeume-unserer-waelder/robinie/, aufgerufen am 25.7.2022

https://www.waldhilfe.de/baum-des-jahres-2020-robinie/, aufgerufen am 25.7.2022

Wald zwischen Feld und Wein. Das Lörzweiler Wäldchen. Kleinod von unschätzbarem Wert mitten im rheinhessischen Tafel- und Hügelland. In: Nachrichtenblatt der Verbandsgemeinde Bodenheim, Ausgabe 30/2022. Amtlicher Teil Verbandsgemeinde. S. 9f.

 

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