von | Sep. 22, 2022

Auszüge aus der Postgeschichte

Die Gemeinde Harxheim hat bereits 1861 einen Landpostbriefkasten angeschafft, der täglich durch den Briefträger aus Bodenheim bestellt wurde. Von 1904 bis 1996 gab es auch eine Poststelle in Harxheim, die sich zunächst in der Obergasse und ab 1987 in der Untergasse befand. Seitdem gibt es eine Postagentur, die derzeit dem Multishop zugehört.

Als Beginn des modernen Postwesens in Mitteleuropa wird ein System angesehen, bei dem nicht der Bote, sondern die Nachricht im Mittelpunkt steht. Verschiedene Landesposten sowie die Kaiserliche Reichspost haben sich bis zum Beginn des 18. Jahrhunderts zu wichtigen Verkehrsmitteln für den Handel entwickelt. Schon seit Anfang des 16. Jahrhunderts wurden private Briefe befördert, die dann zu einer der wenigen Poststationen gebracht wurden und dort abgeholt werden mussten.

Die Franzosen besetzten 1797 das „deutsche“ Gebiet bis zum Rhein und teilten es 1798 in vier Departements ein. Das heutige Rheinhessen fiel in das Département Donnersberg (Département du Mont Tonnère), das in vier Unterpräfekturen (Arrondissements) gegliedert war. Die Unterpräfektur Mainz bestand aus elf Kantonen. Harxheim gehörte mit Gau-Bischofsheim zum Kanton Nieder-Olm. Zwischen der Verwaltung in Mainz und den Kantonen war der Austausch der Dienstpost streng geregelt. Ein Kantonsbote beging in jedem Kanton die Bürgermeistereien – in der Dekade (zehn Tage) jeweils dreimal (bei sieben Arbeitstagen pro Woche). Die Mitnahme privater Briefe gegen ein geringes Trinkgeld war den Boten gestattet. Der günstigste konzessionierte Unternehmer erhielt den Zuschlag für den Transport von Gütern und Personen.

Bereits im Jahr 1807 hatte das Großherzogtum Hessen dem Fürsten von Thurn und Taxis die Post als Erblehen übertragen. Auch nach der Rückeroberung der linksrheinischen Gebiete durch die alliierten Truppen wurde dem Haus von Thurn und Taxis die Postbeförderung, allerdings zunächst provisorisch, übertragen. In unserer Region wurde das System der Kantonsboten beibehalten. Die Begehung der Bürgermeistereien fand nunmehr zweimal in der Woche (bei fünf Arbeitstagen pro Woche) statt. Ab dem 1. Januar 1825 hießen die Kantonsboten dann Bezirksboten. Sie übernahmen in der Folge die Funktion von Landbriefträgern. Leider sind Anzahl und Art der Botengänge in den 1840er Jahren von Mainz, Nieder-Olm und Oppenheim nicht bekannt.

Eine provisorische Postexpedition (heute: Postagentur) wurde in Bodenheim erstmals am 1. Oktober 1849 eingerichtet. Einem erstmals werktäglich zu begehenden Bestellungsbezirk waren folgende Orte zugeteilt: Lörzweiler und Nackenheim (Oppenheim zugeordnet) sowie Gau-Bischofsheim und Harxheim (Nieder-Olm zugeordnet). Von Mai 1861 bis in die 1990er Jahre hinein orientierte sich die Organisation des Postwesens an den örtlichen Poststellen, die jeweils ihre nähere Umgebung postalisch versorgten. Nun übernahm die Landpost die Aufgaben des staatlichen Bezirksbotenwesens. Im Jahre 1865 schlossen fast alle Orte Rheinhessens einen Vertrag über die Erledigung aller Dienstpost gegen eine Pauschalgebühr. Die Lehenspost im Großherzogtum Hessen endete mit dem Kauf der Thurn und Taxis Post durch Preußen im Jahr 1867.

Die Deutsche Reichspost übernahm ab 1871 die postalische Versorgung im Land. In den 1880er Jahren erhielten Gau-Bischofsheim, Harxheim und Lörzweiler Posthilfsstellen. Durch die Poststellen in Nackenheim und Bodenheim war die Postversorgung gewährleistet. Die Bewohner der drei oben genannten Orte konnten nach der Eröffnung der Nebenbahn Bodenheim-Alzey im Jahr 1896 mehrmals täglich ihre Post direkt an den Zügen aufgeben. Die Gemeinde Harxheim hatte bereits 1861 einen Landpostbriefkasten angeschafft, und die tägliche Postbestellung erfolgte durch den Landbriefträger aus Bodenheim. Bereits um 1900 waren größere Orte durch Telegrafenleitungen verbunden. Im Jahr 1901 wurde eine Telegrafen(hilfs)stelle in Harxheim eingerichtet.

Die Einrichtung einer Postagentur Harxheim erfolgte im Jahr 1904. Das erste Posthaus, von 1904-1922, befand sich in der Obergasse 7. Das nachfolgende Posthaus war dann von den 1920er Jahren bis 1987 in der Obergasse 23. Christian Bach war ab 1926 Posthilfsstelleninhaber, ab 1936 dann Poststelleninhaber. 

Poststelleninhaber Christian Bach (li.) und eine unbekannte Person vor der damaligen Poststelle

Bild: Ernst-Ludwig Happel

Beschilderung der Poststelle Obergasse 23: „Öffentliche Fernsprechstelle“ und „Posthilfsstelle“

Bild: Ernst-Ludwig Happel

Die sogenannte Posthalterin I im Jahre 1946 war Katharina Bach. Ab 1956 wurde vom Postamt Mainz der Postaustausch von der Bahnschiene auf die Straße (Kraftpost) umgestellt. Nun wurde die Poststelle vor- und nachmittags direkt angefahren. Die Tochter von Katharina Bach, Lieselotte Ahr, war bis 1986 Posthalterin I in Harxheim. Das Posthaus befand sich von 1987 bis 1996 in der Untergasse 19. Danach wurde die Postfiliale Harxheim geschlossen. Die Postagentur (mit Bankdienst) befand sich daraufhin im örtlichen Kopierladen (In den Rohrwiesen) und ist seit 2012 im MultiShop (In den Dörrwiesen 10) untergebracht.

Quellenangaben:

Hinkel, Manfred (2016): Die Post in der Verbandsgemeinde Bodenheim. Sonderdruck des Vereins für Postgeschichte in Rheinhessen e.V.

Marschall, Bernd (2016): Von Mummenheim zu Mommenheim. 1.250 Jahre Ortsgeschichte. Mainz.

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