Früherer evangelischer Pfarrhof
Bis Anfang der 1950er Jahre befand sich in der Bahnhofstraße 3 der evangelische Pfarrhof. Das heutige Gebäude wurde 1836/37 errichtet.
Der spätbarocke Torbogen in der Hofmauer stammt jedoch aus einer früheren Bauperiode.
Der Vorgängerbau des aktuellen Hofes soll noch aus dem Mittelalter gestammt haben. Seit der Einführung der Reformation in Harxheim in der Mitte des 16. Jahrhunderts wurde er als evangelischer Pfarrhof genutzt und in den folgenden Jahrhunderten mehrfach repariert und auch umgebaut.
Anfang der 1830er Jahre befand sich das Gebäude offensichtlich in einem miserablen Zustand.
Der damalige Mainzer Kreisbaumeister Schuknecht berichtet hierzu 1833:
„Das Pfarrhaus zu Harxheim ist […] 46 Schuh lang und 27,5 Schuh breit [ca. 14 m lang und gut 8 m breit] und sind alle äußere und innere Wände von Tannenholz. Um die äußeren Wände besser gegen den Einfluß der Witterung zu schützen, wurden dieselben vor mehreren Jahren verbutzt. Alle Fenster sind in einem sehr schlechten Zustande und […] mit sechseckigen Scheiben versehen und in einer und derselben Stube von verschiedener Größe. Die meisten sind 27 Zoll [ca. 70 cm] breit und drei und vier Schuh [ca. 90 cm und 120 cm] hoch, andere noch kleiner. Die Wandschwellen laufen in den Thüröffnungen durch oder sind so unförmlich und schlecht, daß sie eher in einen Stall als an einer Stube passten. […] Von den Fußböden können nur die in den Zimmern a, b, und c allenfalls beibehalten werden, alle übrige sind vom Wurm zerfressen. […] Die Stiegen passten in einen Heuspeicher und ist besonders die im unteren Stock so ausgetreten, daß sie jedenfalls neu gefertigt werden muß.“
Ein zunächst angedachter Verkauf des Hauses und ein Neubau an anderer Stelle erwiesen sich als nicht durchführbar. 1836 wurde daher beschlossen, das alte Pfarrhaus abzubrechen und einen neuen Pfarrhof zu bauen. Dieser wurde 1836/37 als spätklassizistischer Typenbau nach Plänen des Architekten und Bauunternehmers Philipp Elbert errichtet (Philipp Elbert entwarf 1873 auch den Neubau der evangelischen Kirche). Der spätbarocke Torbogen in der Hofmauer aus dem Jahr 1764 blieb beim Neubau erhalten (Torbogen im Denkmalverzeichnis des Kreises Mainz-Bingen aufgeführt). Neben dem Wohnhaus links umfasste die neue Anlage auch landwirtschaftlich genutzte Gebäude wie Stallungen für Schweine und Pferde und eine Scheune. Die Pfarrer waren zu damaliger Zeit auf Einkünfte des Hofes aus der Landwirtschaft angewiesen.
Zu Beginn der 1950er Jahre tauschte die evangelische Gemeinde den Pfarrhof gegen das Haus Krone (Gaustraße 19), da hier mehr Platz für Gemeinderäume zur Verfügung stand. Heute steht das evangelische Gemeindehaus in der Bahnhofstraße 11.
früherer evangelischer Pfarrhof 1983 mit Zweigstelle der Volksbank Mommenheim
Bildquelle: Willi Buchert
Die neue Eigentümerin des früheren Pfarrhofs, Frau Wenderoth, betrieb hier noch einige Jahre ein Lebensmittelgeschäft. Später richtete die Volksbank Mommenheim eine Filiale ein.
Seit Mitte der 1980er Jahre ist der Hof in Privatbesitz.
Quellenangaben:
Diehl, Wilhelm (1932): Baubuch für die evangelischen Pfarreien der Provinz Rheinhessen und die kurpfälzischen Pfarreien der Provinz Starkenburg. Darmstadt.
Krienke, Dieter (2011): Verbandsgemeinden Bodenheim, Guntersblum und Nieder-Olm. In: Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Direktion Landesdenkmalpflege 18, Kreis Mainz-Bingen (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Worms.
Reßler, Tanja (2017): Wirtschaftszentrum „Alt Haschem“. In: Ortgemeinde Harxheim (Hrsg.): Festbuch 2017. Harxheim. Eintausendzweihundertfünfzig. Selzen. S. 129 – 143.