Forstbaumscher Hof
Der Forstbaumsche Hof ist das einzige Bauwerk mit herrschaftlichem Charakter in Harxheim. Seinen Namen verdankt das im 18. Jahrhundert errichtete Anwesen jedoch nicht seinem Erbauer, sondern der Frankfurter Familie Forsboom. Sie hat den Hof im 19. Jahrhundert über mehrere Jahrzehnte besessen.
Das Anwesen ist im Denkmalverzeichnis des Kreises Mainz-Bingen aufgeführt.
Der Forstbaumsche Hof in einer Zeichnung von Clemens Kissel 1910
Bildquelle: Weinbauverein der Provinz Rheinhessen (1910): Die Rheinweine Hessens. P. v. Zabern. Mainz. S. 91
Der Hof in der Obergasse 9, auch Forstbaumscher Hof genannt, ist das einzige barocke Bauwerk mit herrschaftlichem Charakter in Harxheim. Es wurde in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts errichtet, wobei der unregelmäßige Grundriss auf zwei Bauphasen hindeutet. Das Eingangstor hat oben im Schlussstein ein Wappen mit Freiherrenkrone, links und rechts davon ist die inzwischen stark verwitterte Jahreszahl 1724 eingemeißelt.
Das Wohnhaus ist ein langgestreckter zweigeschossiger verputzter Fachwerkbau und ruht auf einem hohen gemauerten Sockel. Lediglich die zwei Schmalseiten sind massiv errichtet.
Links vom Wohnhaus schloss sich früher im rechten Winkel ein bis an die Hofmauer reichendes Wirtschaftsgebäude mit Scheune an, das in den 1980er Jahren abgerissen wurde. Rechts vom Hof standen hintereinander zwei weitere Scheunen, die schon früher abgebrochen wurden. Hierbei könnte es sich um die Zehntscheuer in Harxheim gehandelt haben. Unter dem Wohngebäude befindet sich ein zweigeteilter Keller. Ein Teil hat ein Tonnengewölbe, der zweite Teil ein eher seltenes Kreuzgewölbe. Der Dachstuhl ist größtenteils noch original erhalten.
Über die Besitzhistorie des Hofes war bisher wenig bekannt. Das Wappen im Torbogen mit eingebogenem Sparren begleitet von drei Rosen und der Freiherrenkrone darüber konnte bisher keiner Adelsfamilie zugeordnet werden.
Ausschnitt aus Urkundenbuch, Beurkundung einer „obligation“ zugunsten „Forsborn de Franckfort“ in 1802
Bildquelle: Landesarchiv Speyer. Urkundenbuch Nieder-Olm 1802. Bestand K1, Nr. 4473
Der Name Forstbaumscher Hof dürfte auf die aus Schweden stammende und in Frankfurt ansässig gewordene Familie Forsboom zurückgehen. Rafael Forsboom hatte 1745 in eine Frankfurter Familie eingeheiratet. Sein Sohn Franz betrieb in Frankfurt eine Schnupftabakfabrik und war nachweislich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Harxheim geschäftlich aktiv. 1802 wurde eine „obligation“ 1) zu seinen Gunsten in Harxheim von einem Nieder-Olmer Notar beurkundet.
Es ist dokumentiert, dass Franz Forsboom 1803 im Rahmen der Säkularisation die Harxheimer Zehntscheuer, vermutlich also die früher rechts vom Hof stehenden Scheunen erwarb. 2) Wahrscheinlich hat er nicht nur die Scheuer, sondern den gesamten Gebäudekomplex gekauft, auch wenn für den kompletten Erwerb heute keine Dokumentation mehr besteht. Der erhalten gebliebene Name Forstbaumscher Hof für das Anwesen spricht jedoch dafür.
Im Brandkataster von Harxheim für den Zeitraum von 1817 – 1835 ist unter der laufenden Nummer 7 ein Besitzer Franz Forstbaum mit Versicherungsbeginn im Jahr 1832 eingetragen. Versichert werden ein Wohnhaus samt einem Kelterhaus, zwei Ställe und eine Scheuer. Auch für 1819 gibt es schon einen Eintrag mit seinem Namen. Die laufende Nummer im Brandkataster dürfte der damaligen Hausnummer entsprochen haben.3) Die Zählung begann in der heutigen Obergasse 1 und lief dann gegen den Uhrzeigersinn weiter. Die damalige Nr. 7 dürfte also die heutige Obergasse Nr. 9 sein.
Zeitungsanzeige im Jahr 1843 über Versteigerung von Harxheimer Weinen des Handelshauses Franz Forsboom
Bildquelle: Frankfurter Ober-Post-Amts-Zeitung vom 16. April 1843,
Am 16. April 1843 erschien in der Frankfurter Ober-Post-Amts-Zeitung eine Anzeige, in der Weine des Frankfurter Handelshauses Franz Forsboom zur Versteigerung angeboten wurden. Die Weine stammten aus dem zum Handelshaus gehörenden Weingut in Harxheim.
Vermutlich haben also Franz Forsboom und seine Nachkommen das Anwesen in der Obergasse 9 über einen gewissen Zeitraum zumindest in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts besessen. Das Frankfurter Handelshaus bestand in den 1870er Jahren nicht mehr. Auch der Hof in Harxheim wurde vermutlich verkauft. In einer Katasterkarte von 1896 erscheint Johann Georg Reichert als Eigentümer. Das Anwesen blieb im Besitz seiner Nachkommen, bis es Ende der 1970er Jahre die heutige Eigentümerfamilie erwarb.
Offen bleibt die Frage, wem der Hof vor dem Erwerb durch die Familie Forsboom gehörte. Der herrschaftliche Charakter des Anwesens und die Verbindung mit der Zehntscheuer könnten darauf hindeuten, dass dieser Hof vielleicht einem Administrator gehörte, der von den damaligen Landesherren, den Grafen von Falkenstein eingesetzt worden war. Nachweise hierfür liegen jedoch nicht vor.
Quellenangaben:
1) Landesarchiv Speyer. Urkundenbuch Nieder-Olm 1802. Bestand K1, Nr. 4473.
2) Schieder, Wolfgang (Hrsg., 1991): Säkularisation und Mediatisierung in den vier rheinischen Departments 1803 – 1813. Teil IV. Donnersberg Departement. Boppard am Rhein. S. 86.
3) Dieser Hinweis stammt von Rüdiger Gottwald, einem passionierten Heimatforscher, der in Harxheim groß geworden ist.
Krienke, Dieter (2011): Verbandsgemeinden Bodenheim, Guntersblum und Nieder-Olm. In: Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz, Direktion Landesdenkmalpflege 18, Kreis Mainz-Bingen (Hrsg.): Kulturdenkmäler in Rheinland-Pfalz. Worms.