von | Nov 29, 2022

Harxheimer Kulturheim

Das Harxheimer Kulturheim wurde 1950/51 durch Eigenleistungen des Männergesangvereins Frohsinn und der Sportgemeinde 03 als Harxheimer Sport- und Feierstätte errichtet. 1967 fanden hier die Feiern zum 1200jährigen Ortsjubiläum statt. Mit dem Bau der neuen Turnhalle Am Weinberg verlor das Kulturheim jedoch seine Funktion und wurde 1969 abgerissen. Die älteren Harxheimer werden die Feiern im Kulturheim noch in guter Erinnerung haben.

Harxheimer Kulturheim, im Vordergrund Marianne Kanitz (geb. Deiß) und Anni Stössel mit Blick zum Fotografen

Bildquelle: Egon Kanitz

Ende der 1940er Jahre hatte Harxheim etwa 650-700 Einwohner und gerade jetzt – in der Aufbauphase der Nachkriegsjahre – kam so langsam der Wunsch nach einer Sport- und Kulturhalle in der Bevölkerung auf. In der Vergangenheit fanden größere Veranstaltungen in den Räumlichkeiten der ortsansässigen Gaststätten statt; der Männergesangverein übte im Saal der Gaststätte Darmstadt (Mainzer Str.), Tanzveranstaltungen fanden ebenfalls im Saal der Gaststätte Darmstadt, aber auch im Saal des Haus Krone statt. Die Kerb wurde im überdachten Hof der Gastwirtschaft Fritzsch gefeiert und die Sportler hatten ihren Turnplatz, etwa im heutigen Bereich der Bahnhofstraße Ecke Neckarstraße. Dort gab es, direkt östlich des damals letzten Anwesens (Bahnhofstraße 45) einen Betonbau, in dem die Sportgeräte untergebracht waren, was auf die Zukunft gesehen natürlich nur eine Notlösung sein konnte.

Im Jahre 1949 beschlossen deshalb der Männergesangverein Frohsinn und die Sportgemeinde 03 in einem Gemeinschaftsprojekt, eine Veranstaltungsstätte zu bauen: „Das Harxheimer Kulturheim“ oder auch die „Gut Stub“ genannt. So machten sich einige Harxheimer Bürger mit ihren Fuhrwerken auf den Weg nach Mainz, um die ausgediente Lagerhalle der Konfektionsfirma Lotz und Soherr abzubauen und in Teilen nach Harxheim zu transportieren. Auf dem ehemaligen Turnplatz und dem daneben liegenden Acker der Familie Ludwig Rösch II. entstand im Laufe der Jahre 1950/1951 in Eigenleistung der Vereinsmitglieder und einiger freiwilliger Helfer das Kulturheim.

Das Gebäude war im unteren Bereich (etwa 1,60 Meter hoch) gemauert und hatte darüber Holzelemente mit wenigen kleinen Fenstern, sodass es auch bei schönstem Sonnenschein im Innern relativ dunkel war. Im Außenbereich hatte die verwitterte Holzfassade eine helle graublaue Farbe. Auf der Nordseite zum unbefestigten und ungepflegt anmutenden Parkplatz und Eingangsbereich hin befanden sich zwei Eingänge, wobei meist nur der rechte Eingang geöffnet wurde und als Haupteingang diente. Direkt im Eingangsbereich befand sich auch der Ausschank für Veranstaltungen, der ansonsten mit Klappläden verschlossen war. Hinter dem Ausschank schloss sich der Gastraum mit Theke an.

Die Gastwirtschaft wurde damals überwiegend von Harxheimer Bürgerinnen und Bürgern betrieben (z.B. Robert Blase, Heinrich und Katharina Müller, Änne und Philipp Gemünde, Johann und Johanna Knab) und war nur zu den Übungsstundenzeiten und bei Veranstaltungen geöffnet. Beheizt wurden die Halle und Gastwirtschaft zunächst mit einem großen Holz/Kohleofen – später mit einem Ölofen. Im linken, östlichen Teil des Gebäudes befand sich eine fest eingebaute Bühne, die mit einer Holzvertäfelung an den Seiten und oben umrahmt war. Bestuhlt wurde die Halle bei Veranstaltungen mit Biertischgarnituren. Der Parkplatz war mit einer Hecke und Pappeln zur Bahnhofstraße und nach Osten hin abgegrenzt. Die einfache Toilettenanlage befand sich an der Nordost-Ecke des Geländes in einem separaten, schlichten und schlecht beleuchteten Betonbau.

Vielleicht gerade wegen der Schlichtheit des Kulturheimes und der einfachen Innenausstattung kam bei den Veranstaltungen eine gewisse Gemütlichkeit und derart stimmungsvolle Atmosphäre auf, dass die Veranstaltungen im Kulturheim sehr beliebt und weit über die Ortsgrenzen hinaus bekannt waren.

Da das Kulturheim im Laufe der Zeit jedoch nicht mehr den gestiegenen Ansprüchen genügte, stimmte der Vorstand der SG 03 am 9. April 1966 dem Bau einer neuen Sporthalle in der Nähe des Sportplatzes Am Weinberg zu. In der Vorstandssitzung der SG 03 am 30. April 1966 legte der damalige Abteilungsleiter Fußball, Walter Sparwasser, einen vorläufigen Entwurf eines Sporthallen-Neubaus vor, der von dem einheimischen Architekten Krenzer entworfen worden war. Nachdem dieser Entwurf Zustimmung fand, konnten weitere Schritte zum Neubau der Sporthalle unternommen werden, sodass das Ende des Kulturheims besiegelt war. Im Sommer 1966 wurden dann nur noch die notwendigsten Reparaturen am Kulturheim durchgeführt, um 1967 die bevorstehende 1200-Jahr-Feier der Ortsgemeinde in ihr veranstalten zu können. Das Kulturheim wurde im Jahr 1969 abgerissen, da es 1972 dem Wohngebiet Am Rheinhessenblick weichen musste.

Quellenangaben:

Reßler, Tanja (2017): Kulturheim Harxheim. In: Ortgemeinde Harxheim (Hrsg.): Festbuch 2017. Harxheim. Eintausendzweihundertfünfzig. Selzen. S. 101f.

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